Mit dem Entschluss der Region Südweststeiermark, das Erinnern bzw. Gedenken an die eigene Geschichte währen der NS-Zeit mehr in den Fokus zu nehmen, wird ein wichtiger und gleichzeitig herausfordernder Schritt gesetzt. Während sich die öffentliche Gedenkkultur zur NS-Zeit in Österreich stark auf das KZ-System Mauthausen sowie die Ballungszentren mit ehemals großen jüdischen Gemeinden konzentriert, kommt es viel seltener zu einer entsprechenden Auseinandersetzung auf lokaler oder regionaler Ebene in ländlich geprägten Raum.
Zur Vorbereitung eines regional abgestimmten Vermittlungsprogrammes zum Thema der Geschichte der Südweststeiermark im NS-Regime erhob das Ludwig Boltzmann Institut für Kriegsfolgenforschung in Kooperation mit dem Institut für Geschichte der Universität Graz konkrete Themenfelder und Forschungslücken. Abgeleitet von dieser Grundlagenarbeit sollten konkrete Vermittlungsmaßnahmen vorgeschlagen werden.
Der Nationalsozialismus in der Südweststeiermark ist als gesamtgesellschaftliches Phänomen in einigen Bereichen gut bis sehr gut erforscht, in anderen Gebieten jedoch noch wenig bis gar nicht. Oft erscheint die Zeit des Nationalsozialismus wie eine gesichtslose, außenstehende Erzählung, zu dem die einheimische Bevölkerung keine engere Beziehung aufgebaut hat. Ab Mitte der 1990er-Jahre erschienen Ortschroniken mit unterschiedlich ausführlichen und gelungenen Ansätzen der Aufarbeitung. Auch bei der wissenschaftlichen Literatur lassen sich qualitative und auch quantitative Unterschiede für die Bezirke Deutschlandsberg und Leibnitz feststellen. So gibt es zum Bezirk Deutschlandsberg einen Band der Großen geschichtlichen Landeskunde der Steiermark des Steiermärkischen Landesarchivs, für Leibnitz fehlt ein solcher bislang. Interessierten ist es damit nicht möglich, sich niederschwellig über die Zwischenkriegs-, NS- und Nachkriegszeit im Bezirk Leibnitz zu informieren.
Als erstes Ergebnis der Pilotstudie wird nun erstmals eine Themenkarte mit 19 ausgewählten Erinnerungsorten zu NS-Geschichte der Südweststeiermark der Öffentlichkeit präsentiert. Diese umfasst zum Beispiel das KZ-Subkommando Schloss Lannach, das KZ-Außenlager Aflenz, den Kloepferbrunnen in Eibiswald oder den Karwald bei St. Veit am Vogau.
Neben einem umfangreichen Überblick über den Forschungsstand wurden weitere mögliche Vermittlungsmaßnahmen ausgearbeitet. So sind beispielsweise Vorträge und Diskussionsabende in der Region geplant, Projekte mit Schulen oder eine Medienkooperation zum Thema.
NR Bgm. Joachim Schnabel hält fest:
„In der Südweststeiermark gilt es, die dunklen Kapitel des Nationalsozialismus klar anzuerkennen und aufzuarbeiten. Nur durch offene Erinnerung und Reflexion können wir sicherstellen, dass sich solche Fehler nicht wiederholen – ein Schritt, der uns in eine gemeinsame, verantwortungsbewusste Zukunft führt.“
Labg. Bernadette Kerschler fasst zusammen:
„Die professionelle Aufarbeitung der NS- Zeit ist ein weiterer wichtiger Entwicklungsschritt für unsere Region. Nur wer sich mit der Vergangenheit auseinandersetzt, kann Verantwortung für die Zukunft tragen.“
Die Aktivitäten zur Aufarbeitung des Nationalsozialismus in der Südweststeiermark wurden im Rahmen des Projekts ArchaeoRegion Südweststeiermark – Archäologie und Zeitgeschichte durchgeführt und werden aus Mitteln des Steiermärkischen Landes- und Regionalentwicklungsgesetzes unterstützt.
DI.IN Birgit Haring
Prokuristin/Regionalmanagerin
T: +43 676 7600 307
b.haring@eu-regionalmanagement.at